Interview mit Hartmut Hörmann, 2014

Reporterin, 28 (maximal; sehr schlank).:
Herr Hörmann, haben Sie eigentlich eine Schamgrenze?
Hartmut Hörmann, 44:
Ja, total. Vor allen Dingen in der Realität. Da möchte ich in Ruhe gelassen werden und viel schlafen!
Rep.:
Sind Sie jemals von der Erde gefallen?
HH:
Natürlich! Das Scheitern ist essentiell! Man muss das Scheitern in sein Unterfangen einbeziehen. Viele Künstler finden eines Tages heraus, was die Gesellschaft von ihnen erwartet, und dann beginnen Sie sich zu wiederholen. Dann stirbt die Kunst!
Rep.:
Aber haben Sie die totale Freiheit, wenigstens in Ihrer Kunst?
HH:
Ja! Heute z.B. bin ich in einer Art und Weise aus der Badewanne gestiegen, bei der ich gemerkt habe: Das ist Kunst! Kein Witz! Es wurde zwar nicht fotografiert, aber so etwas spürt man ja auch instinktiv.
Rep.:
Wie war der Weg für Sie, Künstler zu werden?
HH:
(schmunzelt) Ich bin noch immer auf diesem Weg und werde ihn wohl nie verlassen können, Honey!
Ich glaube nicht, dass man Kunst einfach herstellen kann. Um zur Kunst zu kommen, musst Du Dir selbst vertrauen, die eigenen Themen verfolgen und Dich absolut darauf konzentrieren! Das führt Dich dann in einen metaphysischen Bereich! Ich bin übrigens kein Schöpfer eines originären Werkes, sondern jemand, der auswählt und gezielt Entscheidungen trifft!
Rep.:
Und wie beurteilen Sie die gegenwärtige Kunst?
HH:
Blöde Frage, but…(überlegt)… die Kunst ist doch nur noch mit sich selbst beschäftigt. Sie hat den Zustand ästhetischer Bedeutungslosigkeit erreicht und, wie die Pornografie übrigens, die Sehnsucht nach der Illusion vollständig verloren!
Rep.:
Konkret: Was zeichnet Ihre Arbeiten generell aus?
HH:
Nun, ich habe ein nonchalante, elegante, fast unverfrorene, aber nie platte Art, verschiedenste Techniken zu verwenden, dabei eine überbordende Kreativität, ich appropriiere, was das Zeug hält. Ich durchschaue den Kunstbetrieb deutlich in all seinen Facetten. Und das alles grundiert vom beharrlichen Verfolgen eines bestimmten Plans, einer bestimmten Idee.
Wissen Sie, Menschen brauchen Kunst. Kunst als Form, die Welt zu erleben, den Geist zu erweitern. Das ist essentiell und unverzichtbar.
Rep.:
Auf zehn Schlagworte beschränkt, was sind denn jetzt Ihre Themen?
HH:
Gestalten, Verwerfen, Zerstören, Süchte, Männer, Angst, Girls, Ikonen, Aggression und A.H. !
Rep.:
Wollen Sie auch noch etwas zu Ihrer neuen, faszinierenden „Smoker“ – Reihe sagen?
HH:
(ein Schlückchen eiskalten, polnischen Wodka nehmend) Alles, was Erklärung braucht, ist diese Erklärung nicht wert! Das hat übrigens Voltaire gesagt…
Rep.:
Sie gelten in der Szene auch als ausgesprochener Bauchmensch!
HH:
(überlegt lange) Unsere Intuition weiß viel mehr als das Gehirn. Sie beinhaltet alles, was wir wissen und alles, was wir je erlebt haben! Erst wenn das hoch gekommen ist, kann ich mir das Ganze auch mit dem Laserstrahl des Denkens anschauen und mich fragen, warum ist das so?
Wir haben übrigens noch nicht über Frauen gesprochen!
Rep.:
(leicht errötet und sichtlich irritiert) Haben wir nicht?
HH:
Nein, aber wenn Sie mich schon darauf stoßen nur so viel: Die Mädchen auf den Vernissagen hier in der Stadt tragen Röcke so kurz wie Ihre Biografien; Ideales Hörmann – Terrain!
Rep.:
Herr Hörmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.